Racing – Yamaha RD 350 F LC YPVS 1WW

yam-1Der doch sehr begrenzte Fahrspaß auf drei Rädern und das ständig mitfahrende Gefährdungspotential führte zurück zu 2 Rädern. Dieses Mal ziemlich lustbetont, RD 350 F LC YPVS , unbequem, sehr nah an der Straße und oberhalb von 6.000 upm ein echter Giftzwerg. F=FairingSchlüsseln wir als Erstes mal die Bezeichnung auf (siehe dazu auch:  https://nippon-classic.de/ratgeber/die-geheimnisvollen-modellcodes-der-fruehen-yamahas/ ). Die Typbezeichnungen bei Yamaha starteten nachvollziehbar mit einem Y für Yamaha, also z.B.: YA-1 für das erste am 11.02.1955 ausglieferte Motorrad. Der Buchstabe A steht dabei für den Hubraum, hier also 125 cm³. Es war ein Nachbau der DKW RT 125. Die 1 steht für die Modellreihe. Eine YDS3 war also die dritte Baureihe mit dem Zusatz Sport (S). Gab es ein T statt eines Y, also eine TD 1 hatten wir eine Rennmaschine. Ab etwa 1968 wurden dann die Enduros mit dem Buchstaben T bezeichnet.

Übrigens gibt es in Japan keine Modellreihen 4, wie bei uns die 13 ist die 4 in Japan eine Unglückszahl.

Anfang der 70er reichten die Bezeichnungen nicht mehr aus und alle Zweitakt-Zweizylinder erhielten die Bezeichung RD – wie die Werksrennmaschinen der 60er-Jahre. Ableiten kann man aber auch: R für 350/360 cm³, aber das findet sich ja nach den Buchstaben in Zahlenform wieder.

LC = Liquid cooling ist selbsterklärend, F = Fairing zu deutsch Verkleidung

YPVS = Yamaha Power Valve System, ein wesentlicher Nachteil der Zweitakter waren die Frischgasverluste und die Drehmomentspitze in einem sehr engen Drehzahlband. Abhilfe schaffte das YPVS-System, über eine Walze wird die Höhe des Auslasskanals variiert, wodurch die Leistungscharakteristik wesentlich weicher wird und gleichzeitig bei Spitzenlast mehr Frischgas (größere Öffnung!) möglich war. Über Resonanzeffekte (Auspuff!) wurden die Frischgasverluste begrenzt, da sie noch vor Schließen des Abgaskanals zurückgedrückt wurden. Aber trotzdem sparsam im Verbrauch war sie nie.

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Persönliche Erfahrungen:
Einige Motorräder erhielten ja manchmal sehr zutreffende Spitznamen, wie vorher schon beschrieben: die Gummikuh. Auch Frankensteins Tochter ist wahrscheinlich bekannt, nämlich die Kawasaki 900 Z1 Super Four. Von vielen Journalisten mit den Attributen: brachiale Beschleunigung, instabiles Fahrwerk beschrieben.

Es sei mir gestattet, auch wenn es meinen begrenzten fahrerischen Möglichkeiten geschuldet sei, hier die Steigerung anzubieten. Die RD 350 YPVS im Renntrimm ist der Herr Frankenstein persönlich, ein untergewichtiger Hulk, der Terminator auf zwei Rädern – oberhalb von 6.000 Touren heisst es immer: Hasta la vista, Baby – hier übersetzt mit: Halt das Visier fest!

Manche Eigenarten konnten ihr abgewöhnt werden, so war die Bremsdosierung nach Erwerb beinahe unmöglich, die Fehlersuche hatte als Ergebnis eine Delle am Übergang Bremshebel – Geberzylinder. Erneuerung brachte Abhilfe.

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Aber ein konstruktiver Nachteil war nicht abzustellen: Stärkeres Bremsen in Schräglage blieb verboten. Frankenstein hatte ein derartiges Aufrichtmoment, dass man in Sekundenbruchteilen senkrecht stand und es ging dahin, wohin Frankstein wollte und nicht der momentan noch aufsitzende Mitfahrer.

Immerhin ist es gelungen stets der Vorgabe: Erst anhalten, dann absteigen zu folgen, aber Adrenalinschübe biblischen Ausmaßes sind noch gut in der Erinnerung.

Zur Erläuterung noch ein bisschen Fahrphysik. Entscheidend ist der Reifenaufstandspunkt, der bei Kurvenfahrt neben der Mittellinie durch Reifen und Steuerkopflager geht. Die kleine rote Linie im Bild zeigt den auf die Lenkung wirkenden Hebelarm. Geradeaus würde beim Bremsen eine Kraft F(brems) an den Bremsscheiben angreifen und damit eine weitere Kraft F(unten) entlang der grünen Linie auf die Straße bringen (vereinfacht, wer es genauer möchte kann sich Newton III anschauen). In Schräglage greift diese Kraft aber versetzt um den Hebelarm (Bild) an und erzeugt so einen Lenkimpuls, entsprechend einer Krafteinwirkung am Lenkerende, hier rechtes Lenkerende: Druck, geringes Anstellen des Vorderrades entgegen des Kurvenradius und folgendes Aufrichten des Motorrades. Vertiefung gibt es hier:  thumbnail of informationen-aus-der-fahrzeugtechnikFazit: Zunehmendes Lebensalter – fahrt mal längere Touren mit Stummellenker, ständigem Druck auf den Handgelenken und zurückgelegten Fußrasten, die einen Kniewinkel erzwingen, dass man sich mit diesen Knien die Ohren zuhalten konnte. Naja, immerhin war sie dann ja ein wenig leiser ;-). Als ich dann im Winter, zwar langsam, aber in einer Kurve auf vereister Fahrbahn über beide Reifen rutschte und mit viel Glück wieder Grip bekam, stand der Verkaufsentschluss. Heute sage ich mir natürlich: Hättest Du mal behalten sollen. Das letzte Bild zeigt aber schon: Es ging back to the roots.

 

 

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