Samstag, der 09.08.2014

Leiden: Hafentag

Das Wetter ist morgens immer noch sehr stürmisch, aber der Regen hat aufgehört, sieht aus wie typisches Rückseitenwetter. Der Hafenmeister kommt erst um 11:00 h, aber wir haben es ja nicht wirklich eilig. Er gibt einige Hinweise zum Einkaufen und wie man in die Stadt kommt. Wir verlegen mit einigen Schwierigkeiten wegen des querstehenden Windes in die doch recht enge Box. Dann einige Arbeiten am Schiff, die Chromteile hatten unter dem Salzwasser doch sehr gelitten. Einkauf mit den Leihfahrrädern. Der technische Stand könnte deutlich besser sein, dass ist schon an der Grenze zur Verkehrsgefährdung.

Dann in die Stadt, der Markt mir allem und jedem schließt gerade. Noch ein Cappucino an der Langen Gracht. Es scheint so zu sein: Entweder sitzt der Niederländer in Leiden in der Kneipe, fast überall Bier oder Wein, oder er sorgt mit den Sluppen (sehen aus wie Ruderboote mit Motor) für eheblichen Stau in den Grachten.

Zurück zum Schiff und erstmal auch einen Wein in der Plicht, was der Niederländer kann, dürfen wir auch.

Das Wetter ist wohl umgekippt und wir haben die für August eigentlich unübliche Westlage mit vielen Tiefdruckgebieten. Gut, dass wir uns für die Staande-Mast-Route entschieden haben.

Zum Wetter gibt es noch Erklärungen vom Deutschen Wetterdienst, hier im Zitat:

Die wandelbare BERTHA

Kaum erscheint sie als Tiefdruckgebiet auf den europäischen
Wetterkarten, ist sie schon in aller Munde. Der ehemalige Hurrikan
BERTHA nähert sich derzeit allmählich vom Atlantik her und sorgt an
diesem Wochenende als ausgewachsenes Sturmtief noch für turbulentes
Wetter in einigen Teilen Europas. Ein Sturmtief im August? Das ist
durchaus ungewöhnlich.

Von einstmaligen tropischen Wirbelstürmen, die als Tiefdruckgebiete
in außertropischen Breiten weiterleben, hört und liest man jedoch des
Öfteren. Doch was genau passiert während diesem „wandelhaften Leben“
der Stürme?

Statistisch gesehen erreichen etwa die Hälfte der Hurrikans (so
bezeichnet man Wirbelstürme über dem nördlichen Atlantischen Ozean
sowie dem Nordpazifik) auf einem Weg nach Norden subtropische und
später mittlere Breiten und wandeln sich dabei in außertropische
Tiefdruckgebiete um. Meteorologen bezeichnen diesen Prozess
minimalistisch als „ET“. Gemeint ist natürlich nicht der sympathische
außerirdische aus einem Kultfilm der 80er Jahre. Es handelt sich
dabei um ein Akronym des englischen Begriffs „extratropical
transition“, was übersetzt so viel heißt wie „extratropische
Umwandlung“ und für einen völlig irdischen, nämlich atmosphärischen
Vorgang steht. So kurz die Bezeichnung auch ist, die „ET“ ist ein
komplizierter und noch nicht vollends verstandener
Umwandlungsprozess. Reduzieren lässt er sich auf die Tatsache, dass
die Wirbelstürme bei der „ET“ fortwährend die Eigenschaften eines
tropischen Sturmes verlieren und die eines außertropischen
Tiefdruckgebietes annehmen. Doch worin unterscheiden sich diese
beiden atmosphärischen Systeme nun?

Tropische Wirbelstürme entstehen meist nur über warmen und großen
Wasserflächen etwa zwischen dem südlichen und nördlichen 30.
Breitengrad in ausreichendem Abstand zum Äquator. Das warme Wasser
ist bei der Entwicklung der Stürme die Hauptenergiequelle. Durch
Verdunstung von Wasser wird der Wasseroberfläche Wärmeenergie
entzogen, die bei der Kondensation (Wolkenbildung) in der Atmosphäre
wieder frei wird. Dabei steigt die Lufttemperatur an und führt zu
einem relativ zur Umgebung wärmeren Sturmkern. Der Sturm nutzt diese
„fühlbare“ Wärmeenergie und wandelt sie in Bewegungsenergie
(vertikale und horizontale Luftbewegungen) um. Solange das warme
Wasser als Energiequelle zur Verfügung steht, kann der Wirbelsturm
„weiterleben“.

Außertropische Tiefdruckgebiete dagegen leben nicht unmittelbar von
warmem Wasser, auch wenn auch dies nützlich für die weitere
Entwicklung sein kann. Die Tiefdrucksysteme der gemäßigten Breiten
entstehen meist im Bereich der sogenannten Polarfront, die sich um
die gesamte nördliche und südliche Erdhalbkugel zwischen dem 35. und
65. Breitengrad „schlängelt“. Meteorologen verstehen darunter die
durch hohe horizontale Temperaturgradienten auffallende Übergangszone
zwischen sehr kalter Luft polaren Ursprungs und der wärmeren Luft
gemäßigter Breiten. Der große Temperaturgegensatz stellt für die
Tiefdrucksysteme analog zum warmen Meereswasser bei tropischen
Wirbelstürmen ein großes Energiereservoir dar. Durch gleichzeitiges
Einbinden warmer und kalter Luftmassen in die Zirkulation um das
Tiefzentrum bilden sich Kalt- und Warmfronten aus, die wiederum die
Übergangszone zwischen unterschiedlich temperierter Luft
repräsentieren. Im Gegensatz zu den tropischen Wirbelstürmen, deren
Kern eine durchweg warme und nahezu kreisrunde „Warmluftblase“
darstellt und somit keine Fronten ausbilden kann, weisen entwickelte,
außertropische Tiefdruckgebiete eine, hinsichtlich der Zirkulation um
das Tiefdruckzentrum asymmetrische Anordnung kalter und warmer
Luftmassen auf.

Kommen wir zurück zu BERTHA. BERTHA entstand aus einem Gewittersystem
etwa 400 km ostsüdöstlich von Barbados und trat bereits am 1. August
als tropisches Tiefdruckgebiet in Erscheinung. Auf ihrem Weg
nordwestwärts überquerte BERTHA das Karibische Meer, am 2. August die
Dominikanische Republik und entwickelte sich wenig später
zwischenzeitlich zu einem Hurrikan der ersten Kategorie (Windböen bis
150 km/h). Im weiteren Verlauf bog BERTHA ab und verlagerte sich
entlang der nordamerikanischen Ostküste nordostwärts. Da die
Wassertemperaturen dabei sukzessive abnahmen und auch andere
Entwicklungsfaktoren negativ ins Gewicht fielen, schwächte sich
BERTHA zunächst rasch ab. Am 6. August wurde BERTHA dann als
„außertropisches Tiefdruckgebiet“ analysiert und zog nach erneuter
Intensivierung auf einer nun immer östlicheren Zugbahn auf den
Nordatlantischen Ozean hinaus (siehe dazu die Grafik der Zugbahn, zu
finden rechts auf www.dwd.de in der Rubrik „Thema des Tages“ unter
[mehr]). Was war passiert? Auf ihrem Weg entlang der US-Ostküste
näherte sich BERTHA immer mehr der Polarfront und damit eben einem
Gebiet größerer Temperaturgegensätze. Zunehmend wurden kältere
Luftmassen in die Zirkulation eingebunden. BERTHA wies keinen
durchweg warmen Kern mehr auf, sondern bildete Fronten aus – die „ET“
war in vollem Gange. Nachdem das warme Meereswasser als Energiequelle
nach und nach versiegte, sorgten die hohen Temperaturgegensätze an
der Polarfront zudem für einen neuen „Energieimpuls“ – BERTHA kam
sprichwörtlich „in den zweiten Frühling“. Eine solche Intensivierung
nach zwischenzeitlicher Abschwächung ist für Tiefdruckgebiete während
der „ET“ typisch.

Ebenfalls typisch sind die Probleme, die die Wettermodelle mit
solchen Systemen haben. Oft leidet die Prognosegüte, wenn sich im
Vorhersagegebiet tropische Wirbelstürme in einer „ET“ befinden. Es
ist daher nicht verwunderlich, dass die weitere Entwicklung von
BERTHA und auch die Auswirkungen auf unser Wetter bis zuletzt unklar
bleiben. Nach derzeitigem Stand wird sich BERTHA bis Sonntagabend
über Südirland und England bis ins Seegebiet östlich von Schottland
verlagern und dabei einen minimalen Kerndruck von nahe 980 hPa
erreichen – sehr beachtlich für August. Für Deutschland bedeutet das
kräftige Schauer und Gewitter, die im Laufe des Sonntags von Westen
aufkommen. Im Gegensatz zu den letzten Gewitterlagen ist neben
heftigem Starkregen auch verstärkt mit Sturmböen, örtlich auch
schweren Sturmböen sowie größerem Hagel zu rechnen. Ex-Hurrikan
BERTHA kann es also noch …

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.08.2014

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